Zitronenhähnchen und PINOT MEUNIER von Stefan Steinmetz

Ein bekannter Wiener Weinjournalist äußerte neulich: "Was macht ihr Deutschen eigentlich immer für eine Wissenschaft aus der ganzen Sache, welcher Wein zu welchem Essen passt? Trinkt doch einfach den, der da ist".
Na, der hat gut reden, er ist in Italien unterwegs. In der Toskana. Da gibt es immer guten Wein und gutes Essen. Einfaches Essen, einfacher Wein. Auf den ersten Blick. Doch es kommt auf die Zutaten an, beim Essen wie beim Wein. Einfach aber gut. Keine Aromenverschwendung, keine übermäßige Kombination von verschiedenen Zutaten, nach dem Motto: Hauptsache viel - und teuer. Und vor allem keine Fertigsaucen, die jedes Gericht kaputt machen können. Stattdessen reife Tomaten, frisch gepresstes Olivenöl vom Bauern neben an und Brot. Gutes Brot aus gutem Mehl - und nicht aus Backfertigprodukten. Die beste Tomatensuppe habe ich mal in der Toskana gekocht, aus fleischigen San Marzano Tomaten vom Gemüsehändler nebenan, frischem Knoblauch, toskanischem Olivenöl, auch von nebenan - und toskanischem Weißbrot vom Bäcker, ja auch von nebenan. Die einfachste und beste Tomatensuppe der Welt!...


Regionale Küche - regionale Produkte. Einfache Kombinationen wie Trollinger zu Maultaschen, Elsässer Riesling zu Choucroute, Boeuf Bourgignon zu Pinot Noir oder Spargel zu Silvaner - und spätestens ab da wirds schon wieder schwierig. Ja, welcher Pinot Noir? Welcher Silvaner? Pfalz, Franken, Österreich? Welcher Riesling? Da gibts ja auch im Elsass himmelweite Unterschiede?

Und jetzt hab ich hier einen PINOT MEUNIER, unfiltriert, von der Mosel, von Stefan Steinmetz (Weingut Steinmetz) aus Brauneberg und den wollte ich mit einem Essen kombinieren. Pinot Meunier? War mir eigentlich nur im Zusammenhang mit Champagner bekannt. Ich schlage bei Jancis Robinson nach. Aha, Schwarzriesling, Samtrot, sind Verwandte von ihm. Ich schlage das Buch wieder zu und widme mich diesem Wein, der mit allem, was ich bisher gelesen habe nichts zu tun hat - weil er ist von Stefan Steinmetz! Ein eigenwilliger Kopf, der seinen Wein mit Rammsteins 'Sonne' bestrahlt. Metal Music statt Mozart. So auch seine Weine. Hammer! Abgefahrenes Zeug. Ziegelrote, samtene Farbe, jedoch trüb, stoffig. Ein Schluck und er war erstmal nicht so sympathisch, die Säure war auffallend. Zweiter Schluck: dicht, extraktreich - weil unfiltriert - puffert die Säure. Viel Stoff. Dritter Schluck, er öffnet sich - oder ich öffne mich - und ich musste an einen Barbera denken oder einen Dolcetto aus dem Piemont. Italien. Kirschduft. Mon Cherie ohne Schoki. Trocken. Lang, seeehr laaang. Wohow!



Yo, jetzt wollte ich diesen Wein aber halt mit einem Essen kombinieren. Blöder Plan. Oder auch nicht, weil mir doch spontan etwas dazu einfällt. Zurück nach Italien, Wein und Essen einfach kombiniert. Keine Übertreibung klar und stark. Jeder Bestandteil. In der Kombination werden sie weicher.

ZITRONENHÄHNCHEN muss es sein! "Pollo arrosto con i limoni". Fragt mich nicht, wie ich darauf komme. Ein Huhn mit zwei Zitronen, eine ins Huhn, eine in die Sauce, Riesling, 5 Knoblauchzehen, Rosmarin, Salz, Pfeffer. Bei 180 Grad im Backofen im Bräter ohne Fett anbraten. 30 min auf der Brustseite anbraten, 30 min auf die andere Seite - also mit der Brust nach oben. Nochmal 20 min bis die Brust braun wird und dann noch 3-5 min den Grill darüber jagen bis die Brusthaut Blasen wirft. Röstaromen, Karamell für den Wein. Saftiges Fett (nur vom Huhn, kein Öl, keine Butter wurde zu gegeben) als Geschmacksträger und ein wenig Säure vom Riesling und den Zitronen.

Mit dem Wein und toskanischem Weißbrot die perfekte Kombination! Obwohl ich das Wort perfekt eigentlich nicht gar nicht mag. Also lassen wir es weg, das Wort. Es war einfach lecker, köstlich, aromatisch, das Hähnchen, das Brot, der Wein, alles hat sich gegenseitig ergänzt, die Aromen sich verstärkt oder ausbalanciert, keine Ahnung. Es hat gepasst.

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