Weinrallye # 64 - Prickelndes für den Sommer




Sommer? Welcher Sommer? Gestern hatten wir 25 mm Niederschlag. In einer Stunde? Meine Hamburger Freundin, die Fotografin Rachel Wirth, hat sich auf jeden Fall wie zu Hause gefühlt. Kein Schnürlregen, sondern endlich richtiger Regen! Eher ein Wetter für prickelnden...Glühwein. Hmm, gabs nicht, dann halt doch ins Solebad und danach Artischocken mit Vinaigrette und – SECCO!

v.l.n.r: Robert Boudier, Jan Gross
und Elmar Köller vom
Weingut BoudierKoeller. ©wiesengenuss
Welcher Secco? Na, der von BoudierKoeller aus Stetten, Donnersberg. Der rettet die Laune, mindesteeens...! "Deutscher Perlwein mit zugesetzter Kohlensäure, 10,5 % Vol". Aha, Etikettensprache.

Ein schöner Tag mit Foto-Ausflügen nach Rheinhessen und ins Zellertal lag hinter uns, aber wir hatten noch etwas ganz anderes im Sinn oder im Unsinn. Den Besuch auf der Königsmühle in Gau-Odernheim. Was ein schöner, gastfreundlicher Hof! Und Gabi Würtz empfahl uns den Kräuterhexenplatz, die Hexenkanzel bei Siefersheim. Dies als einen magischen Platz zu bezeichnen, wäre untertrieben. Was da in uns (Hexen) abging lässt sich nur schwer beschreiben. Oh ja, das prickelte. Gänsehaut. Goosebumps. Welche unglaubliche Energie diese Landschaft in der Rheinhessischen Schweiz hat. Wagner-Stempel hat dort seine Weinberge, es ist der Höllberg. 

Und von hier aus ging es zurück in den Süden, ins Zellertal. Mein Lieblingstal. Wieder mystisch. Der Donnersberg im Westen - immer irgendwie mit einem Sonnenuntergang verbunden. Der Sitz von Donar, der hält den Regen und alle bösen Geister ab. Das haben schon die Kelten herausgefunden und auf ihm ein Oppidum gebaut. Nur etwa 400 mm Regen im Jahr - im Vergleich zu Stuttgart mit 800 mm. Soviel zum Thema Sommer in Deutschland. Im Zellertal ist es auf jeden Fall trockener als überhaupt in Deutschland, oder zumindest in der Pfalz. Besondere Pflanzen, besonderer Wein. Steppenpflanzen wie die Sichelmöhre wachsen dort, mediterrane Kräuter, Oregano, Mauerpfeffer und andere Gewürzpflanzen - an den historischen Trockenmauern. Die Böden dort sind seltene Kalktertiärböden, nicht so häufig in der Pfalz. Man kennt sie noch aus der Lage 'Kallstadter Saumagen'. Im Zellertal haben die Weinhänge in Südausrichtung, auch selten in der Pfalz. Der Schwarze Herrgott, die Wingertschneck. Janson-Bernhard, Martina und Jochen Wick, Klosterhof Schwedhelm...und BoudierKoeller. Es spricht sich rum, immer mehr Weinmacher wollen dort Land. Eigentlich ein Geheimtipp, wir wollten es nicht verraten....

Doch, was ist das bloß, diese Magie im Zellertal?
Für mich ist dieses Tal etwas ganz besonderes. Diese Landschaft, diese Weine. Da steigen die Assoziationen wieder in mir hoch wie die Bläschen in dem Secco von BoudierKoeller, den ich hier vor mir habe. 

Klöster, Herrgott und der Lüsterne Hof

Es ist nicht bloß der Secco, der Wein - es sind die Geschichten dazu! Ich erinnere mich noch gerne an einen kalten Februarabend, als wir in der Küche von BoudierKoeller saßen. Jan Groß (Vorher Kellermeister beim Weingut Karl Schaefer in Bad Dürkheim, Pfalz und bei Leo Hillinger in Österreich) war da gerade eingestiegen ins Weingut. Welcher Spirit und wie das passte ;-) Alle redeten durcheinander. Laut! Gleichzeitig reden und zuhören. Kää Problääm. Beseelt vom Wein. Und Robert und Elmar erzählten Geschichten vom Anwesen, das sie vor ein paar Jahren übernommen haben. Von Mathilde von Tuszien, auch von Canossa genannt. Sie gründete den Hof so um 1100 und nochwas rum. Hochmittelalter. Die Lüsterne: Sie ließ ihren langweiligen Ehemann umbringen zugunsten eines spritzigen 16 Jährigen! Jetzt ein ehemaliges Kloster und ein Pfarrhaus - Kloster und Lüstern, wie geil. Irgendwie musste ich an den 'Name der Rose' denken.

Okay, zurück zu den Fakten. Über das Weingut sind in der letzten Zeit viele Artikel erschienen. Von Captain Cork, in der Welt am Sonntag, im VINUM. Angelika Deutsch, Joachim Kaiser bloggten darüber. Wer mehr wissen will, liest das oder fährt selbst hin. Es gibt dort wunderbare Gästezimmer, in denen man/frau sich wie eine Königin fühlt oder wie eine Prinzessin, ohne Erbse. Gastfreundlich und sehr sehr edel und liebevoll eingerichtet - und es gibt immer etwas leckeres zum Essen! Auf Wunsch vom Hausherrn Robert extra zubereitet.

Übrigens ist immer am Freitagabend der schöne Hof mit den warmen Sandsteinmauern und den Tulpenbäumen für die Straußwirtschaft geöffnet. Eine Oase in der kulinarischen Wüste. Seltene Pfingstrosen und historische Rosen duften im Garten.
 
Ach übrigens, ich habe Robert gerade via fb angefragt, welche Rebsorten in dem Secco sind, um doch noch ein paar 'facts' hier abzuliefern. Aber, ist das nicht egal? Für mich schmeckt er nach einem Silvaner, Birnenaromen. Ein schöner dichter Secco, rund, trocken wie der Boden und doch sinnlich und LÜSTERN. Okay, ich verklemm mir jetzt den Smiley und mach die Flasche leer.

Wenn dir meine Arbeit gefällt, dann freue ich mich über einen Kommentar von dir oder einen freiwilligen finanziellen Beitrag zur Unterstützung meiner Arbeit, denn es steckt viel Herz💚 von mir in jedem Artikel.




Kommentare