DURST..!


‚Wein spricht Deutsch‘ – oder der andere Blick

Andreas Durst, der Fotograf der Weinszene. Einer der Fotografie- und Filmdesign in Wuppertal studiert hat und leidenschaftlicher Mosel-Riesling-Sammler ist. Nein, nicht nur Mosel, auch Pfalz, auch Österreich...Burgund.
Er hat die Winzer, die Weinmacherinnen, die Önologen, die Familien über die Jahre persönlich kennen gelernt und ihre Eigenheiten, Macken und Kauzigkeiten porträtiert. Winzeralltag. Die Familie von der Oma bis zum Enkel beim Essen. Die Jungs mit dreckigen Hosen und verschwitzen Hemden in der Abfüllhalle. Fred Loimer in schwarz-weiß. Hansjörg Rebholz in ausgeblichenen Jeans vor dem Sicherungskasten - die VDP Fahne zurück geschlagen. Weinlandschaften im Herbstnebel, wenig Farben, dunkel, keine Idylle. Wein machen ist Arbeit!
„Weil er einen unverfälschten Blick hat“, wurde Andreas Durst von Stuart Pigott vor etwa fünf Jahren beauftragt, sein Buch „Wein spricht Deutsch“ zu bebildern. Im Buch steht die Frage im Mittelpunkt „Wie schmecken die Weine, warum schmecken sie so?“
Die Antwort findet man in Andreas Durst Bildern.

‚handle with care‘ - vom Fotograf zum Winzer

Foto: Kaya U. Mangold, wiesengenuss
„Durst - ein Name kein Programm“ – so steht es auf seiner schlicht gehaltenen Homepage. Ganz in Weiß, die schwarzen Buchstaben im Schreibmaschinenstil, die Überschriften im Stempeldruck, wie auf alten Weinpaketen. 

Das ist Programm! Denn Andreas Durst hat ein glasklares Ziel vor Augen. Unverfälschter Wein. Wein mit Ecken und Kanten. Schlicht vielleicht, weil ohne aufwändige Kellertechnik. Geradlinig. Noch ist er ein Pionier im Pfälzer Norden. Bei den Winzern, die er porträtiert hat, hat er gelernt wie‘s geht. Als Fotograf ist man ein guter Beobachter und Zuhörer. 


Der Pazifik – oder die Pfalz?

Foto: Kaya U. Mangold, wiesengenuss
Wir hätten uns eigentlich schon früher begegnen können, am Pazifik, in Big Sur. Ein Weingut in Santa Rosa oder eine Microbrewery in Mendocino - natürlich mit, äh, Kräutergärtchen - das war so ne Idee, vor Jahren. Er hatte den Traum vom Pazifik in Wuppertal, wir in München - ziemlich gleichzeitig. Dann kam bei uns eine Weinreise durch die Pfalz dazwischen. H.O. Spanier, damals noch in der Pionierphase, hat uns die besten Plätze und Rieslinge gezeigt. Nach dem Mittagessen im Innenhof der „Alten Pfarrey“ in Neuleinigen noch der Blick vom Hambacher Schloss in die sommerlichen Weiten der Pfälzer Weinlandschaft..... Das hat uns  den Rest gegeben! California war gestorben. Am Horizont konnte man fast den Pazifik sehen! Na ja fast. Auf jeden Fall, die Pfalz musste es sein. Es folgte der Umzug von München in die Pfalz. Freiwillig.

Foto: Kaya U. Mangold, wiesengenuss
So ähnlich war es wohl auch bei Andreas Durst und seiner Frau Sigrid Hausberg. Ebenfalls in der Welt weit herumgekommen, entschlossen sie sich gegen den Pazifik und für die liebliche Pfalz. Sie kauften sich ein altes Hofgut, mit Viehstall, Scheune und Weinkeller in Bockenheim bei Grünstadt. Am Ende – oder Anfang - der Weinstraße im Pfälzer Norden. Ein traditioneller Mischbetrieb aus dem 19. Jahrhundert, der bayerischen Zeit der Pfalz. (Das war die Zeit, als sich der Münchner Ludwig I in der Pfalz in seiner Villa Ludwigshöhe vom Stadtleben erholte und sich dann über die unzufriedenen Bürger aufregen musste, die das Hambacher Festes angezettelt hatten). 


Die Riffe des Rheingrabens

Hier im Pfälzer Norden gibt es Lagen, die noch nicht sooo bekannt sind. Das Grafenstück bei Bockenheim, mit seiner Einzellage: dem Vogelsang. Das liebliche Zellertal, einige der wenigen Weingegenden in der Pfalz mit Südausrichtung und einem einzigartigem geschützten Klima durch den Donnersberg. Besonders an der Ecke im Norden ist, dass es sich um sogenannte „Kalktertiär“-Lagen aus dem Miozän handelt. Erdgeschichtlich ein paar hundert Millionen Jahre jünger als der Muschelkalk der Trias. Kalkriffe, die aus einem warmen Meer hervor wuchsen - kein Pazifik, sondern eher ein Südseetraum! Im Miozän gab es seichte Meeresbereiche, warme Lagunen, intime malerische Buchten, in denen das Meerwasser langsam verdampft und den Kalkschlamm zurück lässt, auf dem nun satte Weine wachsen. 

Steffen Christmann, Foto: Kaya U. Mangold
„Die Riffe des Rheingrabens sorgen für üppigen Geschmack“, so heißt es. Üppig ja, wenn man Mango, Pfirsich, Honig, Karamell meint. Mancher Riesling erinnert in seiner Aromatik schon fast an Weißburgunder. Wäre da nicht das knackige Säurerückrat. Bekannte Lagen mit diesem warmen Kalk-Untergrund sind der Godramsteiner Münzberg, bekannt durch die Kessler Brüder, Reiner und Gunter. Der Königsbacher Idig, eine einzigartige Lage, auf der der VDP Präsident Steffen Christmann sein Großes Gewächs erntet. Die Kleine Kalmit, die von Boris Kranz, der kürzlich in den VDP aufgenommen wurde, und seinem Kollegen und Freund Sven Leiner, der sich der Biodynamik verschrieben hat, bewirtschaftet werden. Und dann gibt es noch den berühmten Kallstadter Saumagen, der nicht nur wegen seines bodenständigen Namens bekannt ist, sondern vor allem durch Bernd Philippi, dem Winemaker von Koehler-Ruprecht. Im Saumagen mischen sich Kalksteinmergel mit Lößlehm und sorgen für entsprechende Würze.

Der Vogelsang-Cup

Warum sind dann die Weinlagen des Pfälzer Nordens noch so unbekannt? Haben sie doch klimatisch ebenso das Potenzial Ausnahmeweine hervorzubringen? Sogar das Klima ist dort oben besser. Hier weht eine zugige Brise, die die Weinberge nach Niederschlägen abtrocknet. In der Folge kommt es zu weniger Fäulnis und Pilzkrankheiten. Dichte Weine mit einer animierenden Leichtigkeit können so entstehen. Liegt es am schmalen Selbstbewusstsein der nördlichen Winzer? Böse Zungen behaupten ja, dass sie absichtlich klein gehalten werden von den großen Weingütern an der Mittelhaardt, damit die Preise dort niedrig bleiben. Oder vielleicht von den Mosellanern, die auch in Hagel- und Frost- Jahren ihre Kunden irgendwie bedienen müssen und sich dann von den Pfälzer Nordlichtern Fasswein liefern lassen?

Egal, Andreas Durst will das ändern! Er hat den ‚Vogelsang-Cup‘ ausgerufen. Hier will er die Winzer des Nordens, Journalisten und Weinliebhaber an einen Runden Tisch zusammen bringen. Axel Neiss vom Weingut Ludi Neiss aus Kindenheim, das Weingut Metzger aus Gründstadt-Asselheim, über deren Rosé neulich der Captain Cork berichtet hat, die Ecovin Mitbegründerin Christine Bernhard vom Weingut Janson-Bernhard, Zellertal und selbstverständlich auch das Weinhaus Durst - sind mit ihren Weinen aus 2010 und 2011 in diesem Jahr wieder mit dabei. Aktuelle Berichte über den diesjährigen Cup und die Preisträger finden Sie in den Blogs des Weinkaíser und im aktuellen Vinum-Blog.
 
Die Garage

Zurück zu Andreas Durst ..... und ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Denn, wenn man den Stil eines Winzers verstehen will und warum sein Wein so schmeckt wie er schmeckt...dann geht man am besten zu ihm.
Wenn man den Stil eines Fotografen verstehen will und warum seine Bilder so sind wie sie sind... dann geht man zu ihm.

Andreas Durst, Foto: Ute Mangold, wiesengenuss

Und fotografiert ihn am besten vor seiner Garage ;-)


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